
Sechzger trauern um Herbert Gertitschke
Herbert Gertitschke ist am Sonntag, 12. November 2023, im Alter von 75 Jahren verstorben. Der TSV München von 1860 trauert um einen einzigartigen Löwen, der zu den Gründungsmitgliedern des ältesten Sechzger-Fanklubs gehörte.
Geboren am 19. März 1948 war Herbert Gertitschke seit 1. April 1977 Mitglied in der Fußballabteilung. Aber das sind nicht die imposantesten Zahlen, die den früheren Verwaltungsangestellten der Bereitschaftspolizei Dachau beschreiben. In seinem Leben hat er mehr als 1.300 Punktspiele seiner Löwen live im Stadion verfolgt, davon über 1.000 Heimspiele. Mit elf Jahren war er gegen Eintracht Frankfurt erstmals mit seinem Vater im Grünwalder Stadion.
Mit 15 Jahren fuhr er alleine mit dem Zug von Dachau zum Münchner Hauptbahnhof und von dort mit der Tram-Linie 17 zum Grünwalder Stadion. Aus Geldnot radelte er manchmal sogar bis nach Giesing. Aus einem weiß-blauen Stoff und einem Bambusstock baute er sich eine Fahne, in der seine Mutter Siege oder Unentschieden in Gold eingestickt, Niederlagen erhielten die Farbe schwarz.
Mit 19 Jahren gründete Herbert Gertitschke am 27. Juni 1967 gemeinsam mit 20 Freunden den Löwenclub Dachau und wurde dessen Vorstand. Löwenclub hieß der Zusammenschluss, weil es zu diesem Zeitpunkt Fanclubs noch gar nicht gab. Das kam erst in den 1970er Jahren auf. Bis heute besteht der Löwenclub Dachau und ist damit der zweitälteste deutschlandweit.
Später wurde Herbert Gertitschke mit dem Löwenclub Dachau als Trainer Deutscher Meister und dreifacher Europapokalsieger der Fanclubs. Er war jahrelang ungeschlagener Nationaltrainer und Präsident einer europäischen Fanclub-Vereinigung. Außerdem war Herbert Gertitschke 1977 eines der Gründungsmitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Fanclubs des TSV 1860 München (ARGE) und deren Ehrenpräsident bis zur Auflösung im vergangenen Jahr. Seine Frau Elisabeth Gertitschke teilte über 54 Jahren die Leidenschaft ihres Mannes. Auch Tochter Yvonne ist ebenfalls seit vielen Jahren Fan der Löwen.
Seine Erinnerungen als Löwenfan mit den großen sportlichen Erfolgen wie der Deutschen Meisterschaft, die er live im Stadion mitterlebte, hat Herbert Gertitschke in einem Buch unter dem Titel „Wem ein Löwenherz schlägt“ festgehalten. Es erschien bereits in den 1990er-Jahren. Seine Erzählungen beginnen mit dem Tag, als sein Vater ihn an der Hand nahm und erstmals mit ihm ins Städtische Stadion an der Grünwalder Straße fuhr. Die Erlebnisberichte erzählen auch von Saufgelagen, trotzdem wehrte sich Herbert Gertitschke gegen den Eindruck, Fußball-Fans seien primitiv oder kriminell. „Fan zu sein ist kein Inbegriff von Primitivität, es ist vielmehr ein Ausdruck von Empfindungen, die alle gefühlsbetonten Menschen ergreifen können“, sagte er einmal.
Das Präsidium des TSV München von 1860 e.V. sowie die gesamte Löwen-Familie ist in tiefer Trauer. Herbert Gertitschke hat im Verein tiefe Spuren und viele Freunde hinterlassen. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Elisabeth und der Tochter Yvonne. Ruhe in Frieden!