Thomas Bohlender, Mitglied der Abteilung Vereinsgeschichte, schreibt einmal im Monat einen Artikel über ein historisches Spiel der Fußball-Löwen: Sechzig vor 15 Jahren, am 17. September 2006, als der TSV 1860 den Sprung an die Tabellenspitze in der 2. Bundesliga verpasste.
Was hätte das für ein Tag werden können? Bis zur 85. Minute befanden sich die Löwen im Zweitligaspiel gegen den SC Freiburg auf der Siegerstraße. Nicht wenige der 40.000 begeisterten Zuschauer in der Allianz Arena, wahrlich eine prächtige Kulisse für ein Zweitligaspiel, stimmten schon Siegesgesänge an.
Die Löwen waren an diesem 4. Spieltag der Tabellenspitze so nahe, die den heißbegehrten Wiederaufstieg in die Fußball-Bundesliga nach drei bitteren Jahren Zweitliga-Tristesse versprach. Vergessen der bescheidene 13. Platz in der Vorsaison, vergessen das schmachvolle Ausscheiden im DFB-Pokal, eine Woche vorher, gegen den unterklassigen VfB Lübeck. Jetzt war die Gelegenheit, jetzt war der Augenblick für die Schützlinge von Trainer Walter Schachner gekommen, den dritten Sieg im vierten Spiel einzufahren und sich oben in der Tabelle festzusetzen. Und es sah gut aus gegen den aufstrebenden Sportclub aus dem Breisgau. In der von Knut Kircher geleiteten Partie führten die Löwen durch ein Tor von Antonio Di Salvo aus der 49. Minute und glaubten schon, als Sieger vom Platz zu gehen. Aber eben nur bis zur 85. Minute, in der den Gästen durch Roda Antar, dem in Sierra Leone geborene libanesische Nationalstürmer und Rekordtorschützen seines Landes, doch noch der Ausgleich gelang.
Wer weiß? Vielleicht wäre ohne dieses verflixte Gegentor kurz vor Schluss alles ganz anders gekommen in dieser Zweitligasaison. Der Anfangsschwung des Erfolges war nach dem Punkteverlust jedenfalls dahin, die Sechzger verloren bald danach drei Spiele hintereinander und fanden sich im namenlosen Mittelfeld der Zweitliga-Tabelle wieder, wo sie die Saison auch auf einem soliden 8. Platz abschlossen. Zu wenig für die aufstiegsfixierten Löwen.
Die Methode des Trainers Walter Schachner, seine Mannschaft gelegentlich nach den Sonntags-Spielen am Montagvormittag bereits wieder zu einem Training mit hoher Belastung zu bitten, um dann für zwei Tage in seine österreichische Heimat zu entschwinden, entlockte so manchem Pressevertreter und aufmerksamem Zeitgenossen bewundernde Kommentare: „A harter Hund“, der die Mannschaft so richtig hernimmt, „wia da Max Merkel“. Andere wiederum waren von der Methode anhaltender Belastung ohne Erholungspause nicht so überzeugt und glaubten darin den letztendlichen Misserfolg der Mannschaft erkannt zu haben. Wobei alles andere als ein Aufstieg schon als Misserfolg gewertet wurde. Folgerichtig kam es im März 2007, als alle Aufstiegschancen endgültig verspielt waren, zur Entlassung von Walter Schachner. Ihm folgte Marco Kurz als Trainer.
Schachner ging, aber sein Co-Trainer blieb. Und der sollte viele Jahre später noch eine sehr erfreuliche Rolle bei den Löwen spielen. Sein Name: Günther Gorenzel. Darüber hinaus machten, zunächst fast unbemerkt, in dieser Saison zwei 17-jährige Jungspunde erstmals von sich reden und deuteten ihr großes Talent, ihren feinen Charakter und ihr überragendes Können an, das sie beide später zu Spitzenvereinen und bis in die Nationalmannschaft führen sollte: Die Löwen-Zwillinge Lars und Sven Bender.
Der TSV 1860 spielte gegen den SC Freiburg mit folgender Aufstellung:
Michael Hofmann; Mate Ghwinianidse, Gregg Berhalter,, Torben Hoffmann, Marcel Schäfer, Björn Ziegenbein (66. Nicky Adler), Danny Schwarz, Daniel Baier, Patrick Milchraum (46. Fabian Johnson), Nemanja Vucicevic, Antonio Di Salvo.