Als Vereinsmanagerin hat Viola Oberländer schon viel angeschoben. Trotz dieser zeitintensiven Arbeit verfolgt sie auch eigene sportliche Ziele. Kürzlich war sie bei den „Hyrox World Championships of Fitness“ am Start, verpasste nur knapp den Titel bei der härtesten Fitness-Challenge der Welt.
Seit Ende 2016 ist Viola Oberländer beim TSV München von 1860 e.V. Vereinsmanagerin, kümmert sich um die Abteilungen der Löwen und hat auch schon so manches Projekt auf den Weg gebracht. Vor ihrem Bachelor-Studium der Sportwissenschaften an der TU München hatte sie bereits eine Physiotherapieausbildung absolviert. Schließlich legte sie ihren Master in Sportmanagement an der Universität Bayreuth berufsbegleitend zu ihrer Tätigkeit bei den Sechzgern ab.
Daneben verfolgte sie auch ihre eigenen sportlichen Ambitionen – immer auf der Suche nach körperlichen Extremsituationen, um ihre Grenzen auszuloten. Die Presse bezeichnete sie mal als „vermutlich fitteste Frau Deutschlands“. So gewann sie das Finale beim „Höllencamp“ 2018 auf ProSieben Maxx gegen ausschließlich männliche Kandidaten.

Viola Oberländer bei der Vorbereitung auf den Wettkampf um die Weltmeisterschaft (Foto: ericwittkopf.com).
Dieses Jahr hatte sich die 29-Jährige für die Hyrox World Championships of Fitness qualifiziert. Hyrox ist Fitness als Wettkampfsport, der sich in den vergangenen Jahren zum Megatrend entwickelte. Als Wettkampf erlebte die Serie 2017 in der Hansestadt Hamburg ihre Feuertaufe. Die Gründer und Organisatoren haben ihre sportlichen Wurzeln im Basketball, Eishockey, im allgemeinen Athletiktraining, in der militärischen Ausbildung und im Cross Fitness.
Beim Hyrox-Wettkampf zählt die Zeit, die für den gesamten Parkour benötigt wird. Dieser besteht aus Kraft, Kraftausdauer und Laufeinheiten. Insgesamt müssen 8 x 1000 Meter gelaufen werden, normalerweise auf einer eigens angelegten Rundbahn. Doch zu Corona-Zeiten mussten diese bei den Weltmeisterschaften auf einem Laufband absolviert werden. Nach jedem 1.000-m-Abschnitt kommt eine Roxzone. So sind insgesamt acht Workout-Stationen zu bewältigen. Für die Frauen (Pro Women) sehen die wie folgt aus:
- Ski Erg: Dahinter verbirgt sich ein Ski-Ergometer, auf dem eine Distanz von 1.000 m zurückgelegt werden muss.
- Sled Push: Hier müssen die Frauen einen Schlitten mit einem Gewicht von 125 kg über eine Distanz von 2 x 25 m schieben.
- Sled Pull: Entspricht der vorherigen Übung, nur dass man den Schlitten 2 x 25 m mit 75 kg ziehen muss.
- Burpee Broad Jump: Hier erwartet die Teilnehmerinnen eine Kombination aus Burpees und Weitsprung über eine Distanz von 80 m.
- Rowing: Auf dem Ruderergometer muss man eine Distanz von 1.000 m zurücklegen.
- Farmer’s Carry: Zwei Kettlebells (2 x 24 kg) müssen über eine Distanz von 200 m getragen werden.
- Sandbag-Lunges: Mit einem geschulterten Sandsack (20 kg) muss man Ausfallschritte über eine Distanz von 100 m absolvieren.
- Wall Balls: Aus dem Squat heraus muss man einen Gewichtsball (6 kg) 100 Mal über eine bestimmte Höhe an die Wand werfen.
Aufgrund der Corona-Pandemie und dem Lockdown war die Weltmeisterschaft zunächst vom Frühjahr ans Jahresende verschoben worden und fand unter besonderen Bedingungen in Hamburg statt – natürlich ohne Zuschauer und mit nur jeweils sechs Starterinnen und Startern. Diese hatten sich entweder über die Serie für die Titelkämpfe qualifiziert oder erhielten eine Wild Card wie die britische CrossFit-Legende Samantha Briggs. Alle Teilnehmer wohnten in der Zeit vor dem Wettkampf gemeinsam in einem Hamburger Hotel und wurden regelmäßig getestet.
Neben Briggs gingen die deutschen Athletinnen Sarah Kholti, Linda Meier und Viola Oberländer an den Start. Rebecca Naether musste schon vorher passen. Aus den USA war Lauren Weeks dabei. Viola Oberländer, die einzige Amateurin unter Profis, hatte lange überlegen müssen, ob sie überhaupt an diesem Wettkampf teilnimmt. „Eigentlich wollte ich die WM absagen, weil ich durch den Lockdown nicht trainieren konnte“, so ihre Erklärung. Durch die Schließung der Fitness-Studios in Bayern hatte sie keine adäquate Trainingsmöglichkeiten im Vorfeld des Wettbewerbs. Entsprechend verunsichert brach sie in Richtung Norden auf.
Ihre Bedenken schienen trotz des Trainingsrückstands unbegründet. Super kam sie in den Wettkampf, übernahm bereits nach den ersten 1.000 m die Führung und hielt diese bis zur achten Laufeinheit. Dann konnte sie Lauren Weeks überholen. Die US-Amerikanerin kam mit knappem Vorsprung zu den Wall Balls, der abschließenden Station. Es entwickelte sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das an Spannung kaum zu überbieten war. Viola gab nochmals Gas, kam ihrer Kontrahentin immer näher. Weeks verlor zwischendurch den Rhythmus, setzte kurz ab. Doch auch die Löwin musste ihrer Aufholjagd Tribut zollen, konnte das Tempo nicht durchziehen. Somit ging Weeks nach etwas weniger als einer Stunde und zehn Minuten durchs Ziel. Viola folgte ihr mit 36 Sekunden Rückstand, vor Sarah Kholti, immerhin Weltrekordhalterin mit 1:05:33 Stunden, die mit 65 Sekunden Rückstand Platz drei belegte. Vierter wurde Briggs mit 80 Sekunden hinter der Siegerin. Meier hatte bereits wegen Wadenproblemen nach der ersten Laufeinheit aufgeben müssen.
Dass es nicht zum Weltmeister-Titel gereicht hat, konnte Viola Oberländer letztlich verschmerzen. „Im Nachhinein bin ich froh, dass ich trotzdem angetreten bin.“ Mit ihrer Leistung war sie dennoch zufrieden, „zumal ich als Amateur mit den Profis mithalten konnte“. Enttäuschung machte sich eher wegen dem Wettkampfverlauf breit. „Es ist ärgerlich, wenn du in den letzten Minuten den entscheidenden Ball verspielst. Von daher werde ich versuchen, mich auf die nächsten Wettkämpfe besser vorzubereiten und hoffe, dass ich dann noch besser abschneide“, zeigt sich die 1860-Vereinsmanagerin kämpferisch. Nach dem zweiten Platz bei ihrer Premiere strebt die 29-Jährige in diesem Jahr den WM-Titel an.
Wer den spannenden Wettkampf nochmals verfolgen will, hat zwei Möglichkeiten: Entweder rund um die Uhr auf YouTube unter youtu.be/06rCTIK8kzU oder als Reportage im Fernsehen am Samstag, 9. Januar 2021, auf Sport1. Sendebeginn ist um 14 Uhr.
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